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Am Morgen

Es ist noch dunkel. Aber der Straßenverkehr hat schon eingesetzt. Vor mir kreuzt eine Frau den Bürgersteig. Der bläuliche Rauch der Zigarette vermischt sich in der Kälte mit dem Nebel der Atmung. Ein Mann. Auch er ernst und etwas verschlafen im rötlichen Licht der Strassenlaterne.

Wird da wirklich die Frage nach dem Sinn von Arbeit gestellt? Dick vermummt in schwarzem Mantel und Anorak Mutter und Kind. Sie winkt ihm noch zu, als es schon längst hinter der Schultür verschwunden ist. Der Nerd dreht sich wohl noch einmal unter der Bettdecke.

An der Baustelle am Hochhaus hat schon das Kreischen von Metallsägen und das knatternde Zischen von Schweißgeräten begonnen. Ein lauter Zuruf unter Arbeitern dringt durch die Eintönigkeit des Arbeits- und Straßenlärms.

Ein Gefühl von Frieden kommt über mich. Ist es nicht schön, unter Menschen zu leben?

In der Schule sammeln sich die Auszubildenden und Lehrer. Es klingelt zum Beginn. Dann treffen Erfahrung und Interesse aufeinander, zumindest Wissen und Wissenwollen. Ja mit Menschen leben wir. In ihrem Ernst, in ihrer Freude und auch in ihren Sehnsüchten waren und sind wir geborgen.

Ich trinke einen Darjeling. Wurde er noch von Hand gepflückt oder gehen nur noch wenige Arbeiterinnen hinter Erntemaschinen her? Im Bauch des riesigen Containerschiffes eilen schwitzende Matrosen zur Reparatur von Drahtgittern und Schotten, zur Kontrolle auf Rattenbefall.

Wie lange werde ich noch zu Fuß gehen können, wie lange noch werde ich die Welt um mich herum mit offenen Augen sehen, mit klaren Gedanken betrachten können? Es ist trotz allem und allem schön, Mensch zu sein unter Menschen.

Und wenn dann noch das Sonnenlicht aus den Wolken bricht...

Der Zar hat sicher auch seinen Spaß. Aber mich erfüllt diese halbe Stunde in den Straßen von K mit - Glück.

11.1.22 Klaus Wachowski 

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