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Es werden Posts vom Januar, 2017 angezeigt.

Versuch über eine Person

Trump nervt. Ich versuche das Bild jener Frau zu rekonstruieren. Homer Simpson ruft dazwischen: "Ihr seid mein Volk!" Sie ging mit einem ausgespülten Marmeladenglas über die Straße zum Glascontainer. Ich hatte die Assoziation von letzten Tagen. Da ist es wohl unheimlich still. Die Zeit rauscht vorbei, zerhackt von wichtigen Ereignissen, die Dich nichts fragen, und wenn doch, keine Antworten wollen. Ein verirrt in den Winterhimmel singender Vogel berührt eine unterirdische Saite von Erinnerung. Das Lächeln bleibt im Anflug stehen. Die Hand zittert. Den Glascontainer nicht vergessen! Frühling wäre schon gut. Sonne erinnert an Sonne. Ja schön, noch mit Vergangenheit befrachtet, die Zukunft. Die Schmerzen vermelden Existenz. Wohnung, Sessel. Das Telefon. Und noch ein Tag vergeht, noch ein Fernsehfilm zieht vorbei in die Nacht. Was morgen sein wird? Gerne das gleiche. Was schreit dieser Mann so laut? Ihn jagt die Furcht vor der Weite des Schweigens. * In Wahrheit ist es de

Beim Pio

All along the watchtower. Ich kann Dir nicht mehr sagen, was der Hit war und was die Rückseite der Platte, für deren Abspielen wir untereinander sammelten. Jimmy Hendrix. Heute hörte ich „all along the watchtower“ und ich wurde erinnert. Ja, wir brauchten Jimmy Hendrix und Bob Dylan. Es war ein italienisches Eiscafe', beim "Pio", in dem wir uns trafen. Dieser „Ausländer“ war der einzig Mutige in der kleine Stadt, der so eine Musik in seiner Musikbox spielen ließ. Draußen üble Stimmung. Düstere Gespräche über die rote Gefahr aus dem Osten und die Sozis hier, abschätzige Bemerkungen über die Amis und verkniffene Gesichtszüge einer malochenden Armut. Wir aber wollten leben. All das war weit weg von dem, was uns hinaus und zueinander zog. "I can't get no satisfaction", die Stones hatten recht. Und da hinein schlugen plötzlich explodierende Laute und von Stimmen von Selbstvertrauen. Unerhörte Melodien. Wir verstanden nicht, was dieser Jimmy Hendrix san

Schnee aus leerer Wand

„Das Publikum, vor dem Sie die Motive meiner publizistischen Arbeit diffamieren, kann ich nur erreichen, wenn ich gegen Sie prozessiere oder Sie ohrfeige. Da mir zum Prozessieren das Geld fehlt, bleibt mir nichts anderes als die Ohrfeige“, schreibt Walser. „Sie werden bitte, jetzt nicht auch noch die Geschmacklosigkeit haben, diese Ankündigung als Antisemitismus zu bezeichnen.“ (nach Die Welt - KULTUR TAGEBÜCHER  - Martin Walsers ewige Wunde Marcel Reich-Ranicki - Von Judith Luig Veröffentlicht am 14.03.2010)  Ist es das: Sich die Erlaubnis zu einer Ohrfeige holen, weil sie nicht antisemitisch gemeint ist? Aber es ist doch eine Ohrfeige, die einer Moralkeule zuvorkommen will. Unsäglichen Lavieren. 10.1. 17 Es schneit. Ich gehe in die Stadt und versuche dabei, das Gefühl Virginia Woolf mitzuempfinden. Aber die Sensibilität ist auf basic ohne Kohlensäure. Keine Krähen in den bleiernen Wellen eines Glockenklangs. Dann imaginiere ich eben das Projekt Walser nach. Der Alte sinn

Nobelpreis Bob Dylan

Ein Kabarettist zieht einen Witz auf Bob Dylan. Um die Nobelpreisverleihung an den Sänger lächerlich zu machen zitiert er einige mißlungen erscheinende Worte. Kabarettisten greifen öfter mal unter die Gürtellinie oder in den Schaum aus Stammtischhirnen. Nicht anders als Folksänger. Sie bekommen für ihr Lebenswerk üblicher Weise nicht einen Nobelpreis, müssen sich mit dem Beifall aus Dorfgemeinschaftshäusern oder Stadien begnügen. Vielleicht meinte jener Kabarettist deshalb, auch Folksängern stehe ein hoch angesetzter Literaturpreis nicht zu. Das Werturteil des Kabarettisten weicht offensichtlich von dem der Nobelpreisjury ab. Auch er trägt offenbar die Vorstellung seines Publikums in sich, dass Literatur etwas besonders nobles ist, das in Bücherregalen steht und außer von Deutschlehrern und Lektoren, sowie leider von Feuilletonisten nicht gelesen wird. Der Preis stellt danach eine Art esoterische Entschädigung für Wirkungslosigkeit dar, am besten posthum zu verleihen. Im S