Kann man sich ohne Bedeutung in eine Dorfkneipe setzen?
Wir tun es. In einem Ambiente, das die Besitzer etwas von der unvermeidlich spießigen Deko zu befreien versuchen, die sich durch die sehnsüchtigen und von der Welt enttäuschten Erinnerungen des Dorfes drückt.
Zwei Bratwürste ein großer Klacks Sauerkraut, beides altdeutsch dünn gewürzt aber immer noch besser als das, was man sich in unserem Alter unter Seniorenspeisung mit Gusto-Bepreisung vorstellt. Eine Wurst hätte gereicht. Die andere geht so mit.
Ein trockener und warmer Platz zum Ausruhen und miteinander Reden.
Man spricht über Krankheit statt über Sterblichkeit, über die Sorgen statt über das dumpfe Klopfen der Angst hinter dem Abend, über die schönen Zerstreuungen und manche Enttäuschung statt über Sehnsucht und Einsamkeit, ja Liebe. Pathos macht verletzlich.
Aber da ist ein freundschaftliches Band zwischen uns. Gehalten von all dem, worüber wir schweigen. Das Sauerkraut beginnt zu rumoren.
Warum schreibe ich von Sterblichkeit, Sehnsucht, Sinn und Einsamkeit? Der Mensch lebt nicht von Einnahmen und Ausgaben allein. Das Leben ist mehr als ein Konto. Und wenn ich auch nichts oder nicht viel weiß über Sehnsucht, Sinn und Sterblichkeit. Das Wunder Leben läßt mich staunen.
Von der Bratwurst aus schreibt sicher kein Dichter, magst Du denken. Ob die Gedanken von einem Barhocker des Würzmeisters im Tempel des Surkampen tiefer, gehaltvoller, bedeutend(er) wären?
26.9.19
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