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Ein Schloß der Kindheit

Ein revolutionärer Zungenschlag würde meinem damaligen Fühlen widersprechen. Es war eher von einer leichten Sehnsucht bestimmt. Die Pubertät hatte noch lange Zeit und die Sehnsucht etwas sehr unbestimmtes. Am ehesten beschreibt es wohl der Wunsch nach Berührung, über der im Alter die Falten der Sorge lasten.

Ein schönes Schloss sah ich in der Stadt.

Was gehört zum Schloss außer den Bewohnern? Personal innen, außen braves Volk. Das gefiel mir nicht. Der König, ein Trottel, die Königin, eine Bosheit, sie interessierten mich nicht. Der Prinz und seine Brüder waren ausgezogen in andere Reiche.

Aus dem Fenster, hinter den Horizont schaute die Prinzessin, etwas von Frieden, irgendwie den Menschen zugewandt. Na ja.

Stimme vom Nebentisch: "Dort kann man ganz gut und Mengen Chinesisch fresse."

Sie nannten sich Hippies, Freaks, Gammler, rauchten Haschisch und badeten auch in Afghanistan nackt in Flüssen und Seen. - Das war angeblich meine Zeit.

Heute belehrt "das Mädchen" von damals "Führungspersönlichkeiten systemisch". Gerne fällt man darauf herein. Die Welt braucht den Guru, und sei es der von der Müdigkeit oder der von den Elementarteilchen. - Trog ist nicht genug.

Ich war damals ein Kind, das die Menschen noch nicht entdeckt hatte, und an so etwas wie Barbie und Ken glaubte.

Zwei Ältere Leute in der Straßenbahn, er mit schütteren, kurzen aber noch schwarzen Haaren, sie lange fettige Strähnen. Dick sind sie beide. Der Witz von dem Keks, das sich verkrümelt, wird erzählt. Man lacht. Er sagt leise, jeder hörts: "Nicht so laut!"

Sie gehörten nicht in jene Kinderwelt. Noch sah ich nur Farben, Fratzen, Abenteuer. Die Angst des Kindes vor dem Leben zog mich zu Karl May, später Perry Rohdan, die solche Leute auch nicht kannten. Diese Phase endete bei mir erst mit dem Überfall der Liebe.

Ich sehe hinauf. Was macht sie da? Ich verstehe VIP nicht. Von diesem Balkon wird verkündet.

Habe ich so etwas je gebraucht? Vielleicht die, die hinaufstürmten, das Ende angemaßter Herrschaft auszurufen.

Diese beiden hier kommen - wenn nicht als Witzfigur - nicht im Roman des oder der X vor, nicht in der oder jener Utopie und Weltanschauung. Bei Jean Paul schon, aber ohne explizite Schilderung. Unter anderem deshalb liebte ich ihn. Bei Glauser ohne Idealisierung.

Sie haben etwas, das so vielen Romanen fehlt: die Liebe, die Sehnsucht danach, ihre Unsicherheit und Sorge um einander. Die Machtosigkeit gegenüber dem Leben.

Ich möchte nicht bei ihnen auf den Sofa sitzen. Es ist vermutlich zu eng, auch wohl etwas unordentlich. Mit ihnen schaue ich hoch zu diesem Balkon. Was geschieht dort nur?

Wir holen uns ein Bier, eine Cola oder einen edlen Schampus. Und wir gucken "Verstehen Sie Spaß". Gehalten von einer seltsamen Macht, von der wir als Hippienachbrenner schwärmten ohne sie zu spüren.

Die Indie-Pink-Alternative drängt. Zeit abzudanken.

Zwei steigen aus der Bahn. Nehmen sich bei der Hand. Da oben wird jetzt geputzt für die Träume von Kindern auf Sehnsucht. Etwas, das ich an irgendeiner Kreuzung meines Lebens verloren habe.

Koleka Putuma entwirft derweilen wuchtige Texte scripturaler Poesie, ein Uwe Schütte klopft den Selbst-Blender und Psychose-Guru Crowley zum Genie des Okkulten breit.

Was kann so ein Genie sein? Britischer Sektenführer zur Zeit Nietzsche des Großen? Matto regiert über 10 Seiten volltext.

Mr. Bombastic fragt, ob noch alles gut ist. Ich sage: " Ich würde gerne zahlen!". Die Prinzessin am Tresen.  Ein letzter Blick aus den bodentiefen Fenstern ins Älplertal. Ferne das im Klima kochende Mittelmeer. Ein Schloß, eine Seniorenresidenz.

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