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Vor 18 Jahren Karlsruhe Dr. Smirc nimmt wahr

Beleuchteter Weg

Was für ein schön gewundener Weg! Alle und ich gehen lieber den einmal Wiese gewesenen Trampelpfad. Es zeigen sich hier die Grenzen der wohlmeinenden Planungsmacht. Erzittere, Staat! Oh, ist Politik denn hilflos, muß sie sich nach den Trampelpfaden der Masse richten? Gesetzesbrecherische Vernunft der Bürger: sie bekümmert sich nicht um das Brave, hört nur der Einsicht. „Aber das ist doch Zerstörung!“ Und was ist mit der Störung des Zusammenlebens durch ästhetische Projekte einer fidelen Macht?!

Herbert Grönemeier klagt schwungvoll aus älteren Zeiten und mein Silberpfeil rollt über die ertränkte Chancenlosigkeit in Form einer Flasche Underberg grün. Der Kanzler mit dem Arbeitslosenmantel verteilt ein Zigarro an die aufgegebene Republik. Und wieder regnet es regnerische Gefühle.

Eigentlich will ich etwas von der Feininger-Ausstellung im edlen Karlsruhe sagen. Aber: Störungen haben Vorrang (Ruth Cohn), so dass zuerst das Elend des einsam vor sich hingrünenden Stadtparks erwähnt werden muß, dessen Betreten gutes Geld kostet. Es soll hier Studenten geben. Aber offenbar hat sich die Stadt ihre Licht und Luft noch nicht aus Exklusivität  und Privileg zurückerobert. Dafür gibt es ordentlich Architektur.

Aber wir sind wegen den Feiningers, Vater und zwei Söhne plus zwei Enkel gekommen. Der Vater zelebriert die bekannte Selbsteinspinnung derer vom Sternzeichen Krebs in die einmal gefundene Wahrheit. Seine von lichtdurchstrahlter Materie bedeckten Bilder zeigen etwas Zerbrochenes. Ein Blick von Einsamkeit verliert sich an die Ferne. Der Fotograf-Sohn wendet sich den gewaltigen Architekturen des Industrie-Rausches zu. Aber um das Große ins Bild zu bekommen, muß er sich von ihm und den Menschen entfernen. Auf einer Fotographie aus 1940 sieht man das Meer und Tausende von Punkten: Badende auf Coney Island. Lärmen, Lachen, Weinen, Wut und Träumen. Ein Jahr später sind schon Hunderte davon erloschen. Wie viele Gedichte, wie viele Lieben? Von wieviel Hass und Angst erlöst? Eines einzigen Punktes Fotographien werden nun von einem Punkt betrachtet, der schon in kurzer Zeit nicht einmal mehr das ist: Punkt. Aber jeder dieser Punkte ist auch ein Ich wie dieses Ich, hat das Bewusstsein von Ewigkeit in sich, als sei er unvergänglich. Dieser fotographierende Punkt ist nicht mehr. Aber alle hier versammelten Punkte verneigen sich innerlich vor Bewunderung oder aus Respekt vor der Bewunderung. Ist Ruhm nicht ein Echo auf die durch die weiten Räume der Zeit irrende Stimme der Einsamen? Was sucht und ersehnt sie? Das Echo oder einen Chor? Jedenfalls nimmt sie mit dem Beifall nur vorlieb, wie der Säufer die Flasche für die Umarmung nimmt. Und auf den Beifall folgt der Kater in Form einer Depression.

Der andere Sohn malt dunkle Traumbilder. Seltsam: dieser Berührte heißt „Lux“! Aus den Eispalästen der Vernunft sank er in das Fühlen. Welche Wärme!-

Die beiden malenden Feiningers wandten sich im Alter von der Form ab und mehr dem Spiel der Farben zu. Auch mich zieht es immer weiter vom Durchdringen ins Anschauen und Mich-Wundern. Wie dem Kind genügen zum Staunen den Alten die Farben allein. Nicht jeder Industrie-Reim, aber mancher unverständliche Seufzer bekommt nun einen Platz in meiner Aufmerksamkeit und Freude. Die Augen werden schwächer, die Nerven der Haut kommen hervor.

Was interessiert mich aber all dieses Malen, Dichten, Singen? Gibt dir dein Fühlen nicht die Antwort? Warum will ich das immer gleiche Rauschen des Meeres immer wieder hören? Hörst du? Diese Welle, schon verlaufen: war sie besonders? Sie zeigte überzeugend „Meer“. Ich gehe, andere Wellen zu sehen, und alle sagen:“Meer“. Das, was ich suche ist nicht die große Welle. Aber sie zeigt es mir: Meer,-also dich und mich in den Gezeiten des Lebens.

(-Ein Ausflug ins Fromme, darauf muß man bei mir immer gefaßt sein. Wie auf das Gegenteil-)

Was in Menschen vorgeht, interessiert mich, also kaufe ich im Kiosk die psychologische Schrift „Krisis“. Ein Arzt versucht, seine beiden Lieblingstherapien zusammenzubringen: die Schrei- und Körperwälztherapie des amerikanischen Mattentherapeuten Dan Casriel und die Camera illuminata des Bert Hellinger.

Wenn ich nach Casriel gehe, um zwecks Umbau des Ich ins Innerste vorzudringen, werfe ich mich auf die Matte und beginne einen Ringkampf mit meinen Urzeit- und Unterleibsgefühlen. Mit etwas Glück springt Einer, Eine herzu, um bis zu einer gewissen Brutalgrenze mitzuringen, mitzustreicheln. Etwas für Harte und eingezwängte Weiche. Das Seelenmaterial sollte eher Sisal als gewebtes Sonett sein. Hoffen wir für sie, daß der Urschrei einer bleibt und nicht zum Säuseln einer Lehre wird.

Hellinger (!) scheint eher auf Erleuchtung als auf Beleuchtung auszugehen. Er beobachtet nicht wie Virginia Satir, ist aber auch noch nicht vom Blitz der Reinkarnation getroffen. Weit hinaus über die Kindheitserinnerungen greift die Lehre in die Familiensagen, wo sie manches Gespenst zu fassen bekommt, das dir deine Schmerzen als eine Art Familienverhexung erklärt und alsodann exorziert (verabschiedet) wird. Eine praktische Methode, sich vor den Klärungen der Erinnerung zu retten. Wer nicht hören will, darf glauben.

Schließlich blinzelt noch Jirina Prekop, die Festhaltende, aus einer ganzen Reihe von Anzeigen der „Krisis“. Sie sagt, man dürfe Menschen, speziell wenn sie Kinder sind zu Glückszwecken durchaus auch mal gegen ihren Willen umarmen. Ich erinnere mich...

Heilung durch Methode, Glück durch Plan, versprechen sie. Alle und ich gehen den einmal Wiese gewesenen Trampelpfad. Manche bleiben nachdenklich stehn. Manchmal treffen sie Eine, Einen, die zuhören und fragen. Dann gehen sie weiter. Eigenen Weg.

Danke, du schöner Tag. Wärme, Sonne, Ausflug ins Ich. Rosa blühende Zierkirsche, hellgrüne Birke, hell beschienenes Menschengesicht. Einer, der einmal Guru war, fährt sein Kind glücksstrahlend durch die Stadt. Bienen um Blüten summend lenken den Blick ins Schöne. Eine Amsel hat ein saftiges Käfer-Schnäppchen entdeckt, stürzt sich ins Frühlingsangebot. Lachen, Bellen, wau...

Ich liebe dieses fremde Städtchen. Im Park die großen, seltenen Bäume von Frieden und Beständigkeit. Die Vögel singen hoch aus den Knospen und ein kleines Blumenblau mischt sich ins Gras. Weiter unten glitzert der künstliche Bach von echtem Wasser, plätschert aus der Kinderzeit.  Bussarde, Gedankenträger fliegen „über den Wipfeln“. Die Wolken, vom weiten Weg schon ausgefranst, machen dem Himmel Platz für sein Tiefenblau. Alle Zweige strecken sich weit hinaus. Einatmen. Ausatmen. Das Meer.

Abends dann Encouriging-Gruppe. Dieses Erwachen der Energien aus dem Winterschlaf der Verletzungen und Fesselungen. Manchmal öffnet sich eine Knospe. Welch eine Blütenpracht! Das gibt eine gute Ernte. Wer glaubt noch an Depression.

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