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Deja-vu 2

Ein Chemnitzer Haßverbibschter, ein bayrischer Trumpichel, ein gehässiger Sarrazin. Angenehme Begleiter meines Alters. Ich werde dazu gezwungen, die häßlichen unter meiner Erinnerungen hervorzurufen.

Ich habe mein Erwachsenenleben in der Verwaltung verbracht, die für solche Typen nicht anfällig war. Gehässige und Egomane hatten manchen Show-Beifall in der Cafeteria oder auch mal Applaus für eine Frechheit in der Personalversammlung, aber eigentlich unterstützt wurden sie von niemand so recht. Die Kollegen achteten schon auf nicht Hervortreten aus dem Dienst für Bürger und Leitung. Auch mir brachte dieser Umstand wenig Unterstützung. Ich stand im Verdacht, heimlich an einem Umsturz der Verträglichkeit zwischen Chef und Bravheit zu arbeiten. Das brachte mir zwar auch manches Hindernis der Karriere ein, half aber im Gegenzug dabei, Entscheidungen nach Recht und Gewissen zu treffen. So hatten Faulenzer und Karrieresnapper zwar die besten Chancen beim Vorrücken, wie wohl in jedem Verwaltungsapparat zwischen Peking, Washington und Ouagadougou, dafür blieb den BürgerInnen aber im Gegenzug erspart, sich ihr Recht beim Ideologen erdienern zu müssen. Nicht alle Verlierer wurden zu Unrecht geschnitten.

Der eine Rechtsverbesserer oder die andere Verbessererin verbitterten ganz zu Unrecht am Desinteresse der KollegInnen und wandten sich extremen Anschauungen des Menschenhasses zu. So fand ich manchen Republikaner, NPDler und auch Faschisten der Volksbeglückung in den abgelegenen Einzelzimmern und zusammengepreßten Arbeitsräumen, schimpfend auf jede organisierte Form des Zusammenseins und -Handelns.

Später erkannte ich sie im Vorbeilesen in den Dunkelkammern des Ruhms. Einen übersehenen Historiker, der über das Ergattern einer Stelle im Museum nicht hinauskam, einen in gestörter Divaness auf die Politik schimpfenden Minister, verspottete Professoren mit Hang zu großen Flop-Theorien und Comediens in der gesammelten Langeweile einer Discounterreklame. Heute marschieren sie mit in der Reihe, vom Sonderschicksal nicht bevorzugter gehässiger Nachbarn, die sich wiederum in wirklich ernst zu nehmende Demonstrationen der Gerechtigkeit einschleichen, im Kopf ein herrisches faschistisches Regime, das endlich den Wert des Weltbegradigers, der Mutterschaft über verzogene Bürger, der Ordnungsmacht des Sittenpriesters, erkennt und belohnt.

Ich habe so ein System in den 60ern über mich ergehen lassen müssen. Viele, die in den 68ern gegen die autoritären Säcke aufbegehrten und für eine Wandlung der Gesellschaft in eine freie und friedliche verantwortlich waren,  sind nun selbst zurück gekehrt zu ihren Vätern, haben sich an Gemüt und Wellness verraten. Wo sie still vor sich hin nörgeln, will ich nichts sagen. Alter ist beschwerlich. Es ist an der Zeit für die Jüngeren.

Aber der haßverbibschte Chemnitzer, Trumpmichel und Sarrazin, der gehässige, verdunkeln diese Restzeit meines Lebens mit Selbstzeugnissen der Misanthropie. Sie treiben unbescholtene Atheisten in die Kirchen, Gläubige zur Charitas und den Sommer in die Sümpfe der Bildzeitung.

Laßt es Euch nicht gefallen. Werdet wieder Bürgerinnen und Bürgern, Bürgerinnen und Bürger.

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