Wir singen o Tannenbaum in die Sehnsucht nach Damals, starren in mürrische Gesichter und zünden Kerzen an. Einsamkeit? Na wenn schon! Da ist ein Glühweinglas mit Elchmotiv.
Dr. Smirc holt den Picasso aus dem Keller. Wow! Original! Die Farbe ist übergegangen, die Geste hinter dem Wurf hat sich aufgelöst in ätzendes Vergessen. Ja, merkst Du denn nicht, daß der Mann schon Jahre tot ist? Und wohin nur hat sich der Gedanke unter dem Bild verflüchtigt? Wo ist noch ein Kunde für solche Ware?
Dr. Warnix, Psychagog und Hauptgewinner der Mega-Verlosung, schlägt vor, das Ding zu zerschneiden. Keiner könne es mitnehmen. Und wer übrig bliebe, habe eigene Sorgen!
Smirc: "Dann packt doch den Wagner darin ein. Wird schon niemand wieder aufwickeln!"
Es lacht aus den Schären in den Tannenbaum. Strindberg und Mankell. Vergeßt doch, daß Kunst für Unsterblichkeit steht.
Gott meint: "Laßt mal!"
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Wie sehr es doch weihnachtet!
Der Weltkrieg lächelt aus der Trumpütze von Jerusalem, drei graue Könige winken in den Zimtduft der Verbrennungsanlage. Ach, schliefen wir noch unter Windräten von Rheinhessen! Unter Wurstsalaten, Bätschgräblern und Feinstauborgien bremsender Mechanik lässt sich das Leben auch nicht besser an wie dieses 20% auf fast alles.
Heuer zündelt der kleine Jesus wieder mal am Adventskranz. Schneekristalle, voll Bakterien vom Ballermann fallen in Senioren und tote Vögel werden zeitnah in den Graben entsorgt. Was sagt der Papst dazu? Urbi oder Orbi?
Ein Obdachloser von 1,2 Millionen meint, er könne auch ein Millionär von 1,2 Millionen sein. Von der Einsamkeit her kein Problem: wenn die stille, heilige Nacht ihre Pforten öffnet, gibt's auf jeden den passenden Alkohol. Man zeigt einander die neuesten Baby - Bilder und Totenkopftattoos.
Das illustriert zwar nicht das Gesagte, begleitet aber gefühlvoll das unentwegt zwischen Behauptung und Frage radebrechende Sagen des Autors, indem er rhetorische Figuren, paradoxale Metaphern und generell verschrobene, bisweilen genialisch anmutende Gedankengänge gegenständlich oder schematisch zur Anschauung bringt. Aber auf der Literatour durch Europa wird klar: Action kommt heute ohne Humor nicht mehr aus.
He, Alter! Wo warst Du? Die Erinnerung ist am Schlappen, mehr noch als die Muskeln. Und das Navi müsste auch mal ausgewechselt werden. Nur nicht klein kriegen lassen!
Das mit den Flüchtlingen in kaputten Booten und vor Mauern des Hasses nicht zu oft erwähnen. Gibt so ein dumpfes Gefühl von schlechtem Gewissen. Auch so ein Altersproblem. Doch leben wir gut und gern betreut am roten Knopf. So lange Herrscher noch herrschen, was soll's zu klagen geben? Zieh den Hundepulli an, alter 68er, es wird vegan. - Hinterher gut ausbürsten.
Hoch die Tür, die Tor macht weit, nur weiter in die Ewigkeit, wo wir schon immer gewesen.
Auch in der Weihnachtsauflösung ist es noch so, als stünde eine große Aufregung bevor. Christkind, Lebkuchen, Glühwein. Als käme die Hoffnung und dem Märchen Kindheit zurück. Kirchen blasen sich mit Klassik auf, neidisch schaut der Guru in den Gospel. Und unbeschwert klingelt ein Jingle Bells vom Weihnachtsmarkt herüber. Adventscafe' mit Selbstgebackenem für Betreute.
Über allem wölbt sich diese Bethlehem-Erwartung von Licht im Dunkel, warm im Kalt, Liebe von der ersten, immer neuen Geburt.
Ja, Weihnachten wird einem so weihnachtlich ums Herz!
2017 Klaus Wachowski
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