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Nobelpreis Bob Dylan



Ein Kabarettist zieht einen Witz auf Bob Dylan. Um die Nobelpreisverleihung an den Sänger lächerlich zu machen zitiert er einige mißlungen erscheinende Worte.
Kabarettisten greifen öfter mal unter die Gürtellinie oder in den Schaum aus Stammtischhirnen. Nicht anders als Folksänger. Sie bekommen für ihr Lebenswerk üblicher Weise nicht einen Nobelpreis, müssen sich mit dem Beifall aus Dorfgemeinschaftshäusern oder Stadien begnügen. Vielleicht meinte jener Kabarettist deshalb, auch Folksängern stehe ein hoch angesetzter Literaturpreis nicht zu.
Das Werturteil des Kabarettisten weicht offensichtlich von dem der Nobelpreisjury ab. Auch er trägt offenbar die Vorstellung seines Publikums in sich, dass Literatur etwas besonders nobles ist, das in Bücherregalen steht und außer von Deutschlehrern und Lektoren, sowie leider von Feuilletonisten nicht gelesen wird. Der Preis stellt danach eine Art esoterische Entschädigung für Wirkungslosigkeit dar, am besten posthum zu verleihen.
Im Sinne dieses Kabarettisten bin ich wohl ein minderer Literat, es sei denn man werde posthum aufmerksam auf meine nicht allzu  auffallend ausgefallenen Texte. Meiner  Erfahrung nach ist Literatur, wenn auch begeisternd, so doch nicht nobel. Ein Wort erscheint und der Poet jagt ihm nach. Eben wie der Fußballer einem Ball,  der Kabarettist einem Witz. Die Bepreisung sagt nichts über ihren Wert, nur etwas über die Vorstellungen einer Jury aus. Warum sollten sie den Wert besser oder schlechter beurteilen können als die Vorstellungen von Kabarettisten?
Der unendliche Streit darüber, was Literatur ist und wo ihr Wert, ist für eine Menge Leser, Stammtische und Kabarettisten abgemacht: "Das kann ich auch." Und das, was er nicht kann, ist ihm den Preis wert.
Von einem Literaten aus, also von jemandem, der schreiben  muß, ist das, was so ein Kopf kann, zumeist schwerer als die hochstilisierte Profischreibe allgemein beliebter Stimmungstreffer. (Zwischen diesen und den lustigen Reimeschmieden ist der Unterschied geringer als ein auf den Beifall angewiesener Kabarettist sich vorstellen kann: Ein seine Meinung auf hunderten Seiten von Reklame auswalzender - auch südamerikanischer - Houellebecq ist so weit von dem entfernt, was zwischen Leben und Wort spielt, wie ein Verse klimpernder Reimeschmied. Wie gesagt: es ist schwer.
Auf ganz andere Weise als einer beurteilen kann, dessen Profession und Einkommen vom Reflex auf Komplimente und mehr oder weniger lustigen Frechheiten abhängig ist.

Ich denke, daß Bob Dylan einige gute und ergreifende Texte geschrieben hat. Er hat darin Sehnsucht und Leid und auch Wut und Wahrheit in den treffenden und berührenden Worten ausgedrückt, die in den Herzen der -oft unterdrückten- Menschen auf eine adäquate Äußerung gewartet hatten. Die Begeisterung, die er weckte, war regelmäßig keine des Stadions sondern sehr oft eine aus der Sehnsucht nach Freiheit, Liebe, Achtung. Und das ohne Predigt, allerdings im Pathos eines Sängers. Warum sollte er den Preis nicht bekommen? Andere hätten dergleichen auch verdient. Aber die Anzahl der Preise ist begrenzt. "Richtige" Literaten werden ihm den Zuschlag gönnen, sobald sie über den Neid des Ehrgeizes hinweggekommen sind.
Ärgerlich, dass sich gerade ein Mann der Freiheit über deren Sänger mokiert.

9.1.17

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