Direkt zum Hauptbereich

Allgemein zu Reuelosigkeit

Ich wende mich der Welt zu, die besseres verdient hatte als den Nobelpreis für Stotzigkeit.

Bleibt vielleicht eine Beschreibung des nicht allzu seltenen Phänomens verweigerter Reue. Die Unfähigkeit zu trauern ist leider nicht nur bei Nazis festzustellen. Ich erinnere an Kambodscha.

Diese Unfähigkeit hindert auch am Ausstieg aus der Szene, aus "Ikonostase" und Welbild.

Für die Person öffnet sich immer wieder eine neue Weggabelung mit der Entscheidung für das Leben und die Verantwortung, mit Problemen oder das Ego und den Schutz im Tempel des Eso-Ich, mit leichtem Ruhm, Geld, Ehrung. 

Ein häufiges Problem ist schuldig werden, am Mitleiden vorbei Leiden schaffen, Leiden von sich auf andere schieben. 

Reue tritt als zu spät kommendes Mitleiden in der Bitte an die Betroffenen heran,  die Erleichterung und den Triumph der schlechten Tat zu verzeihen. Das Ich muss seinen Stolz überwinden, der ihm eindröhnt, Ich sei das Wichtigste. Es hat sich an der Würde, gar am Leben des/der Anderen vergriffen. Und wenn es weiter unverdächtiger Teil des Wir sein will, geht kein Weg daran vorbei, um Verzeihung zu bitten bei denen, die es verletzt hat. Sein künftiger Status ihn der Gemeinschaft hängt davon ab, ob es bereut, ob es dies ehrlich tut und ob die Verletzten verzeihen (können).

Was ist so schwer daran? 

Stolz und Eitelkeit bäumen sich auf. Sie fürchten um den Verlust der Wichtigkeit. Aus der Gleichwertigkeit der Person fürchten sie in die Minderwertigkeit gestürzt zu werden. Vom Turm in den Kanal. Verachtung, Ächtung droht. Und sie wirkt tatsächlich, so lange die schlechte Tat nicht in eben jenem zu spät gekommenen Mitleiden bereut wird - und die betroffene Person es annehmen kann. 

Der Eitelkeit, dem Stolz und der Leugnung von Schuld in offensichtlichen Fällen liegt nach meiner Erfahrung der Glaube an und die Sehnsucht nach einem angeborenen, sozusagen göttlichen Charakter der Seele zugrunde. Das Talent, das Genie, die Güte, aber auch Dummheit, Faulheit und Bosheit seien unveränderliche Kennzeichen einer Person, aifgrund welcher sie sich im besten Fall alles, im schlimmsten nichts erlauben dürfe. 

Wie oft ist es so, wie oft handele ich selbst so: Eine gute, bedeutende Tat und die Person wird über die Menschen gesetzt, eine böse und sie wird niedergemacht. So versteht sich bei den erhobenen oder noch nicht erniedrigten leicht die Angst davor, Schuld einzugestehen bei großer Lust, Verdienste möglichst weit öffentlich gewürdigt zu sehen.

Warum können und konnten Handke, Walser und Sloterdijk, andererseits Enquist, Arno Schmidt und DDR-Kant nicht bereuen, dass sie nicht nur in ein Fettnäpfchen getreten sind? Warum meldet sich die Gefolgschaft sofort zu Wort, wenn die Verfehlung benannt wird? Ein ungerechtfertigter, über die Würde jedes Menschen hinaus massierter Stolz und die entsprechend erotische Verehrung des jeweiligen Guru fürchten den Zusammenbruch ihres Tempels. Noch hier sich über die Menschen erhebend, die nichts gewaltigeres leisten als ein Leben zu leben, zu lieben und sich zu sehnen.

Wäre es nicht leichter, sich und den betroffenen einzugestehen, daß man fehlbarer Mensch ist und leider auch einmal nicht -ganz- menschlich gehandelt, geschrieben, gelobt hat? Daß man nun aber doch lieber hätte, so nicht gehandelt zu haben und gerne alles tun würde, dies soweit möglich ungeschehen zu machen? Es wäre leichter, richtiger, menschlich. Nur würde es das Denkmal stürzen, zugunsten der Person.

Das Thema Schuld, als Schmerz empfunden, erzeugt so in vielen eine Wut gegen das Du, gerade gegen das Opfer des Tuns.  Das Ego eines erleuchteten Selbstbildes verlangt eigenen Schmerz und Wohl höher zu setzen als den, den man bereitet hat.

Das Opfer ist schuld. Wer kennt das nicht? Wer ist frei von solcher Versuchung? Wissend um die Folgen solcher Umwertung der Werte...

Das Ich fühlt sich im Recht gegen das Verantwortung einfordernde Opfer und seine Anwälte unter den Zeugen. Es steigt eine Stufe höher, weg vom Normalmenschen Richtung Übermensch. Alles Ego ruft nach solcher Freiheit von Gleichheit und Verantwortlichkeit. Daher die große Gefolgschaft der nietzscheanischen "Befreiung" vom Leiden und Mitleiden. Gerade in der intellektuellen sogenannten Elite. Dies ist nicht Anarchismus, Freiheit pur, sondern einer der faschistischen Wege aus der Freiheit der Republik in die Herrschaft der Privilegierten. 

Würde ist Wert.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ein Buch über gefährliche Kommunikation im Netz

Das Internet ermögliche neue Formen der Zerstörung von Politik durch Lüge.  List (Lüge, Lautstärke, Absprache, Propaganda, Ideologie) und Gewalt (Drohung, Terror, Folter) gehen gut auch ohne Twitter und die Mutter der Bomben.  Neu ist nicht das  Problem. Wo gelogen wird, kann auch geklärt werden. Neu ist nach Jahren die Verschiebung der Aufmerksamkeit wieder von den Lügen auf das Lügen. Ein Anfang. 

Tellkamp Märtyrer

Es geht um die Meinungsfreiheit des Willens zur Herrschaft.  "Wir da unten dürfen nicht nach unten treten, begehren gleiches Recht..." Der Sachsen-Trump  mit wehmütigen Bildern gegen "Migrantische", von denen in einem Film über die Meinungsfreiheit für Wutliteratur keiner zu Kommentar kommt. Warum soll ein anständiger Mann, eine anständige Frau gerade auch dann, wenn sie in Not sind, einen Celine, Jünger oder Handke lesen?  Ob der Tellkamp es in diese Reihung schafft?  Bei mir schon.  20.5.22 P.S.: "Ich wage eine Erklärung: Schreiben ist der letzte Ausweg, wenn man einen Verrat begangen hat. " Jean Genet, zitiert nach Annie Ernaux, (Der Platz st 5108) P.P.S.: Das Exklusive denkt in Ego und Masse. Die Republik ist aber die Vernetzung zwischen den Einzelpersonen.  P.P.P.S: In der Gymnastik entführt jdn. Ein Furz. Unterdrückten Lachen. Wir sind alt genug, machen weiter. Xavier Naidoo. Vielleicht ist seine Reue ernst. Gehört er wieder dazu? Nicht zum VIP, zur

Aus 2009 Filz-Zipfel

König Bafög von Grob und Prinzessin Money geben sich die Ehre. Ein Horrido, ein horrido, ein Weidmanns Heil klingt ins Land. Dynamisch aufgestellt sind Zukunft und Zukunftszuversicht. Das Reich gibt Kind und Kunden eine Chance,  zusammenzuwachsen. Mit Gott und Krawatte, parteibrav und familienstark führten sie das Land in die Betriebswirtschaft. Man nennt das: den Zug am Rollen halten ohne des Wegs zu achten. Die Untertanen opfern Filzzipfelchen vom Nibelungenmarkt. Die Freien wechselten von Bekenntnis zur Beziehung. Wohlstand ossiecrass. Der "Keilrahmen Sehnsucht" wird zum Schnäppchen. Der Wal-Osteopath auf Helgoland trifft Prominenz auf Opernbällen. Vorhanden gibt es nicht, aber der Frühling blüht wie Gottschalks Gummibärchen glüht. Ein Horrido, ein horrido, ein Weidmanns Heil. Der Heimatdichter macht in Gedanken. 31.3.09