Das Mittel Duft-Ex
Es hat geregnet und der Duft von Lindenblüten zieht durch Karlsruhe, die grüne. Ich sah die Pracht der gelben Ginster über Georgien, ich roch den Duft des Holunder im Albtal. Erinnerung an die Kindheit. Nun gehe ich an einer Kirche vorbei wie an Pfingsten.
Ich hörte ein Feature über einen menschlichen Bürgermeister in Italien und über den Hassprediger der Lega Nord, der es unter Mithilfe einer Witz- und Wurstpartei zum Innenminister geschafft hat. Heiland erfolgloser Karrieristen und Haßbruder der in ihrem Egal gestörten Egomanen. Mir wurde schlecht beim Gedanken an die Macht der Menschenverächter. Wer aus meiner Generation hätte an die Rückkehr der finsteren Zeiten geglaubt?
Muß der, die Anständige den Namen kennen von Stalin, Mussolini, Salazar, Franco?
Es ist doch überall der gleiche Geltungsdrang und Haß der im Größenwahn nicht ausreichend beachteten. Du kennst ihn doch: gerade hetzt er nebenan gegen irgendeine/n Schwächere/n.
Wie es auf der anderen Seite überall die gleiche Zurückhaltung und Zugewandtheit der ihre freundlichen Taten und Haltungen nicht achtenden "ganz normalen" Menschen sind, die nicht erwähnt werden.
Ich sage: ganz normal. Denn mögen auch Pegiden, Grünwesten, Faschisten Zulauf von der Wut bekommen. Gewöhnliche Menschen wollen das nicht. Es sei denn, man peitscht mit Angst auf sie ein.
Sie sind "anständig", wollen nicht "ihre Ruhe", sondern Frieden.
Der Duft nach Lindenblüten zieht durch die Straßen. Der Haß hat sich zurückgezogen.
Ein Unermüdlicher sprüht "Kapitalismus überwinden" auf das Pflaster vor der Badischen Bank. Er glaubt noch an Wirkung und dass er die Lösung hat. Ich halte meine Sprüche inzwischen transparent im Duft-Ex.
Einzig das Finanzamt der Stadt glaubt an meine Wirkung und schickt mir zur Erklärung meiner literarischen Flops eine Aufforderung zur Erklärung meiner Umsätze.
6/19 Klaus Wachowski
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